
Africas Eleven – 11 Buchtipps aus und über Afrika
Afrikanische Literatur: Sommerzeit, Zeit zum Lesen. Aber was? Auf dieser Seite hat cultureafrica elf Bücherempfehlungen aus 2020/2021 und davor zusammengetragen. Die folgende Liste ist nicht unbedingt eine wertende Liste, es gehören viele Bücher nach ganz oben. Aber Listen bringen es so mit sich, daß sie eine Reihenfolge haben. Die Auswahl beschränkt sich auf zehn ziemlich aktuelle Titel. Sie könnte mühelos erweitert werden, denn die moderne afrikanische Literatur ist sehr vielfältig und braucht keinen Vergleich scheuen. Das muß einen nicht wundern, sollte aber mehr ins helle Licht gerückt werden.
Nicht alle vorgestellten Bücher sind auf Deutsch erschienen. Obwohl deutsche Verlage viel afrikanische Literatur übersetzen wird dies jedoch nicht dem größer werdenden Angebot an höherwertiger Literatur aus Afrika gerecht. Es fehlt manchmal der Mut, die Menschen und Verlage, die sich an die Stoffe wagen. Da viele AutorInnen in Afrika auf Englisch, Arabisch oder Französisch schreiben, haben es diese Länder naturgemäß einfacher. In dieser Auswahl finden sich ganz aktuelle Bücher auf Deutsch, sowie ein paar englischsprachige Bücher der letzten zwei Jahre.
African literature: Summertime, time to read. But what? On this page cultureafrica has gathered eleven book recommendations from 2020/2021 and before. The following list is not necessarily a judgmental list, many books belong at the top. But lists have a way of coming in order. The selection is limited to ten fairly recent titles. It could easily be extended, because modern African literature is very diverse and needs no comparison. One need not be surprised, but it should be brought more into the bright light.
Not all the books presented have been published in German. Although German publishers translate a lot of African literature, this does not do justice to the growing offer of higher quality literature from Africa. Sometimes there is a lack of courage, people and publishers who dare to tackle the material. Since many authors in Africa write in English, Arabic or French, these countries naturally have it easier. This selection includes very recent books in German, as well as a few English-language books from the last two years.
1. New Daughters of Africa, Anthology, Edited by Margaret Basby
Eine absolut lesenswerte Sammlung moderner afrikanischer Autorinnen aus der ganzen Welt. Herausgegeben von der in Ghana geborenen Autorin und Redakteurin Margaret Besby. Das müsste mal auf Deutsch übersetzt werden.

25 Jahre nach der ersten Edition (Daughters of Africa) feiert diese bahnbrechende Anthologie das Werk von 200 Schriftstellerinnen afrikanischer Abstammung und bildet damit eine literarische Landschaft ab, die ihres gleichen sucht.
Sie umfasst die Bandbreite und Vielfalt afrikanischer Frauenstimmen in einer Fülle von Genres: Autobiografie, Memoiren, Briefe, Kurzgeschichten, Romane, Poesie, Drama, Humor, Journalismus, Essays und Reden. Kühn und einfühlsam, brillant in ihrer Intimität und Universalität, würdigt diese Anthologie die Talente afrikanischer Autorinnen. Darunter sind neben vielen uns Unbekannten auch hochkarätige Namen:
Chimamanda Ngozi Adichie, Patience Agbabi, Ayesha Harruna Attah, Malorie Blackman, Tanella Boni, Diana Evans, Bernardine Evaristo, Aminatta Forna, Bonnie Greer, Andrea Levy, Imbolo Mbue, Yewande Omotoso, Nawal El Saadawi, Taiye Selasi, Warsan Shire, Zadie Smith und Andrea Stuart.
Das Buch ist bislang nur auf englisch erschienen, als Taschenbuch erhältlich und normal bestellbar.
Myriad Editions, Paperback, 600 Seiten, 13€
Wer sich auch audiovisuell einen Eindruck verschaffen möchte: auf youtube ist eine Lesung mit mehreren Autorinnen online:
https://www.youtube.com/watch?v=-qlqdXMi3Pc
1. New Daughters of Africa, Anthology, Edited by Margaret Basby.
An absolutely must-read collection of modern African women writers from around the world. Edited by Ghanaian-born author and editor Margaret Besby. This should be translated into German sometime.
Margaret Busby
Twenty-five years after the first edition (Daughters of Africa), this groundbreaking anthology celebrates the work of 200 women writers of African descent, mapping a literary landscape unlike any other.
It encompasses the range and diversity of African women’s voices in a wealth of genres: autobiography, memoir, letters, short stories, novels, poetry, drama, humor, journalism, essays, and speeches. Bold and insightful, brilliant in its intimacy and universality, this anthology pays tribute to the talents of African women writers. Among them, along with many unknown to us, are high-profile names:
Chimamanda Ngozi Adichie, Patience Agbabi, Ayesha Harruna Attah, Malorie Blackman, Tanella Boni, Diana Evans, Bernardine Evaristo, Aminatta Forna, Bonnie Greer, Andrea Levy, Imbolo Mbue, Yewande Omotoso, Nawal El Saadawi, Taiye Selasi, Warsan Shire, Zadie Smith, and Andrea Stuart.
The book has so far been published in English only, available in paperback and can be ordered normally.
Myriad Editions, paperback, 600 pages, 13€.
If you want to get an audiovisual impression: a reading with several authors is online on youtube:
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“Freiheit ist ein bitterer Trank, wenn man nicht die Mittel hat, frei zu sein. Es ist eine Last, der eigene Herr zu sein, wenn man nie frei gewesen ist”. Zitat aus:
Aus der Dunkelheit Strahlendes Licht
2. Petina Gappah: Aus der Dunkelheit strahlendes Licht
Sicherlich eines der besten Bücher afrikanischer Autorinnen dieses Jahr. Die abenteuerliche Odyssee der BegleiterInnen David Livingstones mit seinem einbalsamierten Leichnam, 1000 km durchs südliche Afrika. Nicht der “große Entdecker” Bwana Daudi David Livingstone und sein Auffinder Morton Stanley sind die Helden. Die Köchin Halima und der angehende Missionar und ehemalige Sklave Jacob Wainwright tragen die Geschichte. Brilliant recherchiert und geschrieben von Simbabwes großartiger AutorinPetina Gappah. Ein Stück fiktiver “Oral History”. Genau so muß es sich zugetragen haben! Oder?
Es ist ein wahrhaft großartiger Roman. Er ermöglicht die wichtige Umkehrung der Geschichte Afrikas von unten. Die wahren Helden sind nicht weiße Entdecker und Archäologen aus England oder Deutschland. Es sind die, wie in diesem Roman eindringlich beschrieben, die Menschen des Kontinents, die nicht nur als Opfer sondern als Handelnde agieren, die witzig, sonderbar, ängstlich, oder wagemutig wirken. Wir nehmen Teil an einer Reise, an die alle unterschiedliche Erwartungen haben. Das alles ist lebendig geschrieben, manchmal witzig, manchmal nervig und spannend bis zum Schluß. Obwohl das Ende bekannt ist, gibt es einige nicht ganz erwartbare Wendungen. Dank Petina Gappah gibt es nun eine Wirklichkeit vor ihrem Buch und eine danach. Der Titel stimmt: Aus der Dunkelheit kommt nun strahlendes Licht auf einen Mythos, der immer auch ein weisser Mythos war. Wir können gespannt sein, was uns Petina Gappah noch erzählen wird.
Die ganze Rezension auf cultureafrica.net
Auf Deutsch erschienen bei :
S. Fischer Verlag, gebundene Ausgabe, 424S., 24€
2. Petina Gappah: Out of Darkness Into Bright Light
Certainly one of the best books by African women authors this year. The adventurous odyssey of David Livingstone’s companions with his embalmed body, 1000 km through southern Africa. Not the “great explorer” Bwana Daudi David Livingstone and his finders Morton Stanley are the heroes. The cook Halima and the aspiring missionary and former slave Jacob Wainwright carry the story. Brilliantly researched and written by Zimbabwe’s great authorPetina Gappah. A piece of fictional “oral history.” This is exactly how it must have happened! Or did it?
It is a truly great novel. It allows for the important reversal of Africa’s history from below. The real heroes are not white explorers and archaeologists from England or Germany. They are, as this novel vividly describes, the people of the continent, acting not just as victims but as agents, acting wittily, oddly, fearfully, or daringly. We take part in a journey in which everyone has different expectations. All this is vividly written, sometimes funny, sometimes annoying, and exciting to the end. Although the ending is known, there are some not quite expected twists. Thanks to Petina Gappah, there is now a reality before her book and one after. The title is right: Out of the darkness now comes shining light on a myth that has always been a white myth as well. We can look forward to what else Petina Gappah will tell us.
Read the whole review on cultureafrica.net
Published in German by :
S. Fischer Verlag, hardcover edition, 424p., 24€.
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“Forget about the great novel, just write something for yourself that´s fun” Oyinkan Braithwaite
3. Oyinkan Braithwaite: Meine Schwester, die Serienmörderin
Das vielleicht ungewöhnlichsten Buch aus Nigeria seit längerer Zeit. Und das sehr erfolgreich. Der Pulp/Thriller/Smash/Hit sorgte weltweit für Furore. Und machte den ersten Roman von Oyinkan Braithwaite zum Kult. Zwei Schwestern und immer wieder das Problem: wohin mit der Leiche, wenn der Liebhaber aufdringlich wurde? Alles in Notwehr natürlich: Ayoola und Korede, zwei unterschiedliche Schwestern, leben ein middelclass Leben in Lagos. Während Korede im Krankenhaus als Krankenschwester arbeitet, entwirft ihre jüngere Schwester Ayoola Kleidung. Sie hat eine stattliche Anzahl von Followern bei Instagram. Sie ist es auch, die ihre Verehrer derweil auf eigenwillige Art los wird. Weil er sie anschreit, bekommt einer ein Messer in den Bauch, einem anderen verabreicht sie Gift. Daraus folgert ein Problem: Wohin mit der Leiche? Beim Säubern hilft dann notgedrungen die ältere Schwester. Sie kennt sich schließlich aus, sie ist Krankenschwester. Saubermachen, Blut beseitigen gehört dazu. Nur: männliche Leichen beseitigen, ohne gesehen zun werden ist kein Leichtes.
Sehr cool. Die lakonische Sprache, aus der Sicht der großen Schwester erzählt, die ungewohnte Konstellation von Opfer/Täter, entwickelt einen guten Drive, der bis zum Ende durchgehalten wird. Die Figuren sind nicht platt. Es ist ein filmische Erzählen in ungewohnt kurzen Kapiteln. Keine ausschweifenden Sätze, keine genauen Stadtbescheibungen, keine Exotik. Sehr knapp. Bam, bam, bam. Wie in einem Durchlauf geschrieben. Nie wird der Roman explizit, kein genüssliches Töten, wie es heute im Film und Thrillergenre Gang und gebe ist. Der Tod passiert, man hat das Gefühl, die Opfer haben es irgendwo auch verdient. Ist das schon radikaler Feminismus? Oder einfach nur düster, morbide? Ein kurzweiliges Lesevergnügen aus Lagos. Auf Deutsch erschienen bei:
Blumenbar Verlag Berlin, 240 S., 15€
3. Oyinkan Braithwaite: My Sister, the Serial Killer
Perhaps the most unusual book to come out of Nigeria in quite some time. And a very successful one at that. The pulp/thriller/smash/hit caused a worldwide sensation. And made the first novel by Oyinkan Braithwaite a cult. Two sisters and always the problem: where to put the body when the lover became intrusive? All in self-defense, of course: Ayoola and Korede, two different sisters, live a middelclass life in Lagos. While Korede works in the hospital as a nurse, her younger sister Ayoola designs clothes. She has a handsome number of followers on Instagram. Meanwhile, she is also the one who gets rid of her admirers in an idiosyncratic way. Because he yells at her, one gets a knife in the stomach, another she administers poison. This leads to a problem: where to put the body? The older sister is forced to help clean up the mess. After all, she knows what she’s doing, she’s a nurse. Cleaning up and removing blood is part of the job. But cleaning up male corpses without being seen is not easy.
Very cool. The laconic language, told from the big sister’s point of view, the unusual constellation of victim/perpetrator, develops a good drive that is maintained until the end. The characters are not flat. It’s cinematic storytelling in unusually short chapters. No run-on sentences, no precise city descriptions, no exoticism. Very concise. Bam, bam, bam. As if written in one pass. Never does the novel get explicit, no gleeful killing as is common in the film and thriller genre today. Death happens, you get the feeling that the victims deserve it somewhere. Is that radical feminism? Or just dark, morbid? An entertaining read from Lagos. Published in German by:
Blumenbar Verlag Berlin, 240 p., 15€.
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„Solange die Beute nicht ihre eigene Version der Geschichte erzählt, werden in den Geschichten von der Jagd immer die Raubtiere die Helden sein. (Igbo-Sprichwort)“
4. Chigozie Obioma: Das Weinen der Vögel
Chigozie Obioma schafft mit seinem Buch: Der Dunke Fluss den internationalen Durchbruch. Auch das neue Buch von Nigerias Schriftstellerstar ist eine literarische Offenbarung. Die Suche nach der Liebe, eine Reise durch die Mythologie der nigerianischen Igbo-Kultur. Wieder verwebt Obioma Gegenwart und Vergangenheit Nigerias zu einem einzigartigen Kosmos. Wir erleben das Streben, das Leiden, die Liebe, die Reise auch aus Sicht seines innewohnenden Geists – dem Chi- ganz normal in der Igbo-Kultur. Klingt abgefahren, ist aber ein sehr modern erzählter Roman. Sie ist kein Selbstzweck, die Story kommt deswegen nicht zu kurz. Die Story einer wahrlich schicksalhaften Begegnung zwischen Chinonso und Ndali. Die Story einer mitreißenden Liebesgeschichte, die keinen Moment kitschig ist, sonder die Leser zutiefst berührt. Auch sprachlich ein Meisterwerk.
Auf Deutsch erschienen im:
Piper Verlag München, Gebundene Ausgabe, 608 S., 24€
4. Chigozie Obioma: The Crying of the Birds
Chigozie Obioma achieves an international breakthrough with his book: The Dark River. The new book by Nigeria’s star writer is also a literary revelation. The search for love, a journey through the mythology of the Nigerian Igbo culture. Again Obioma weaves Nigeria’s present and past into a unique cosmos. We experience the quest, the suffering, the love, the journey also from the point of view of his inherent spirit – the Chi- quite normal in Igbo culture. Sounds whacky, but it is a very modern narrative novel. It is not an end in itself, the story does not come too short because of that. The story of a truly fateful encounter between Chinonso and Ndali. The story of a stirring love story, which is not cheesy for a moment, but touches the reader deeply. Also linguistically a masterpiece.
Published in German by:
Piper Verlag Munich, hardback edition, 608 p., 24€.
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“Die Vorfahren der Libellen, die über das Wasser jagten, stammten aus Nordindien und hatten sich von einem milden frühmorgendlichen Wind, dem Matlai – ein Vorbote des Monsuns – über den riesigen Ozean im Süden tragen lassen. Heute, vier Generationen später, an einem Tag des Jahres 1992, ließen sich diese unbeständigen Wesen unter einem mit dunkelvioletten Wolken verhangenen Himmel an der mangrovengesäumten Südwestküste der Insel nieder, auf der ein kleines Mädchen lebte.” Erste Zeilen aus dem Buch
5. Yvonne Adhamo Owuor: Das Meer der Libellen
Diesen Herbst erschienen: Das Buch der kenianischen Schriftstellerin Yvonne Adhamo Owuor erzählt eine starke Geschichte, eine Reise und Sinnsuche zwischen Kenia und China. Moderne afrikanische Literatur, die die aktuellen Themen des Kontinents mit verarbeitet. Das Ganze in einer kraftvollen, bildreichen Sprache. Ein etwas anstrengender, aber auch wunderbarer Roman.
Auf der Insel Pate, vor der Küste Kenias, lebt die siebenjährige Ayaana mit ihrer Mutter Munira. Ayaana ist schon früh dem Meer zugewandt. Im Matrosen Muhidin, der in ihr Leben tritt, findet Ayaana etwas, wonach sie sich immer gesehnt hat: einen Vater. Der Roman beschreibt eine über zwanzig jahre dauerende Entwicklung der kleinen Ayaana. Sie wird nach China gehen zum Studieren. Sie hat nämlich (und das ist real nach einem Vorbild gestaltet) chinesische DNA, nicht irgend eine sondern die eines Seefahrers der Ming-Dynastie. Sie wird also Nautik studieren. Es verschlägt sie später bauch noch in die Türkei. Das ist ja schon spannend genug. Es kommen dennoch viele Ereignisse dazu. Da überfrachtet Owuor ihre an Orten, Sprachen und Namen ohnehin reiche Romanhandlung, bringt die großen Globalisierungsthemen in das Buch: Da tobt ein Tsunami, da gibt es Piraten vor Somalis Küste, da fallen die Schatten islamistischen Terrors und des US-amerikanischen „Kriegs gegen den Terror“ auf Pate ein und vieles mehr. Das ist sehr interessant, auch spannend, es gibt nur manchmal ein Problem: sie lenken mitunter von der Entwicklung Ayaanas ab. Viel Content. Aber wer sich nicht beirren lässt, der hat im”Meer der Libellen” ein sehr famos geschriebenes Buch einer engagierten Schriftstellerin.
Yvonne Adhiambo Owuor wurde 1968 in Kenia geboren. Ihre Kurzgeschichten erschienen in internationalen Literaturmagazinen.
Das Meer der Libellen ist ihr zweiter Roman.
Auf Deutsch erschienen.
Roman, Dumont Verlag, 2020, 600 S., 24€
5. Yvonne Adhamo Owuor: The sea of dragonflies
Published this fall: Kenyan writer Yvonne Adhamo Owuor’s book tells a powerful story, a journey and search for meaning between Kenya and China. Modern African literature that deals with the current issues of the continent. The whole in a powerful, pictorial language. A somewhat exhausting, but also wonderful novel.
On the island of Pate, off the coast of Kenya, seven-year-old Ayaana lives with her mother Munira. Ayaana is drawn to the sea from an early age. In the sailor Muhidin, who enters her life, Ayaana finds something she has always longed for: a father. The novel describes the development of little Ayaana over a period of twenty years. She is going to China to study. She has Chinese DNA, not just any DNA, but the DNA of a seafarer of the Ming Dynasty. So she will study nautics. Later she will also go to Turkey. That is exciting enough. Nevertheless, there are many events. Owuor overloads her novel, which is already rich in places, languages and names, and brings the major globalization themes into the book: there is a tsunami, there are pirates off the coast of Somalia, the shadows of Islamist terror and the U.S. “war on terror” fall on Pate, and much more. This is very interesting, even exciting, there is only sometimes a problem: they sometimes distract from the development of Ayaana. A lot of content. But if you don’t let yourself be distracted, you will find in “Sea of Dragonflies” a very famously written book by an engaging writer.
Yvonne Adhiambo Owuor was born in Kenya in 1968. Her short stories have appeared in international literary magazines.
The Sea of Dragonflies is her second novel.
Published in German.
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„Seit ich mit dreizehn Jahren Mosambik verlassen habe, wollte ich über den Kolonialismus schreiben. Ich wusste damals natürlich nicht, wie man so eine Geschichte schreibt, aber ich wollte sie erzählen.”
Isabela Figueiredo
6. Isabela Figueiredo: Roter Staub – Das Ende der Kolonialzeit in Mosambik
Mit diesem Buch löste die in Mosambik geborene Autorin Isabela Figueiredo in ihrer jetzigen Heimat Portugal einen Sturm der Entrüstung aus. Die Jugenderinnerungen am Ende der Kolonialzeit Mosambiks sind in einer harten, manchmal brutalen Sprache geschrieben. Es ist nicht nur ein Scherbengericht mit der Kolonialzeit sondern vor allem eine persönliche Abrechnung mit dem Vater. Wie im Land der Kolonialherren, bleibt nichts mehr wie es war. Rassismus, Postkolonialismus, Vergessen und Verarbeiten: Ein Buch, eine Abrechnung.
Im Zentrum der Geschichte steht der Vater der Autorin, ein Elektriker, der seit den 1950er Jahren in Mosambik lebt und arbeitet. Er ist den ärmlichen Verhältnissen der portugiesischen Provinz entflohen und entfaltet nun seine Macht als weißer portugiesischer Siedler. Mit den in Mosambik lebenden Schwarzen pflegt er ein scheinbar kollegiales Verhältnis, hat er doch einige in seinem Betrieb angestellt. Obwohl es in den portugiesischen Besitzungen offiziell keine Rassentrennung wie im benachbarten Südafrika und Rhodesien gibt, ist defacto die Herrschaft Weiß. Seine mitunter abschätzigen bis rassistischen Bemerkungen, die auch Teil der Familiensprache geworden ist, gelten auch und im Besonderen den einheimischen Frauen. Fast schon typisch für die weiße Kolonialherrschaft ist die sexuelle Ausbeutung der schwarzen Frauen bei gleichzeitiger Geringschätzung.
Die Tochter erlebt das hautnah mit. Sie beobachtet genau, was ihr Vater so treibt. Seine Widersprüchlichkeit. Seinen Rassismus. Sie erlebt auch, welches Privileg es ist, als fast unantastbare weißen Siedlerstochter dort sorglos aufzuwachsen während in der einheimischen Bevölkerung der Unmut über die Unfreiheit wächst. Immerhin sind schon viele Länder ringsum unabhängig geworden. Es gärt also.
Aus erzählerischer Sicht ist “Roter Staub” ein ungewöhnliches Buch. Nicht die ganz große Literatur, keine geschliffenen Sätze und auch keine überraschenden Entwicklungen. Mehr nüchterner Bericht. Dennoch fesselnd. Das Ende der Kolonialzeit als Coming-of-Age Geschichte. So etwas hat man lange nicht gelesen. In seiner schroffen, unverblümten Art ist es ein wichtiges Buch zur Kolonialgeschichte und gleichzeitig ein ungewollt aktueller Beitrag zur Rassismusdebatte.
Ganze Rezension auf cultureafrica.net
auf Deutsch erschienen im
Weidle Verlag, Bonn, Broschur, 172 S., 23€
6. Isabela Figueiredo: Red Dust – The End of the Colonial Era in Mozambique.
With this book, Mozambican-born author Isabela Figueiredo caused a storm of indignation in her current home country of Portugal. The memoir of her youth at the end of Mozambique’s colonial era is written in harsh, sometimes brutal language. It is not only a dishonor with the colonial era but above all a personal reckoning with her father. As in the country of the colonial masters, nothing remains as it was. Racism, post-colonialism, forgetting and processing: A book, a reckoning.
The story centers on the author’s father, an electrician who has lived and worked in Mozambique since the 1950s. He has escaped the poor conditions of the Portuguese province and now unleashes his power as a white Portuguese settler. He maintains a seemingly collegial relationship with the blacks living in Mozambique, having employed some in his business. Although there is officially no racial segregation in the Portuguese possessions as in neighboring South Africa and Rhodesia, defacto rule is white. His sometimes disparaging to racist remarks, which have also become part of the family language, apply also and in particular to the local women. Almost typical of white colonial rule is the sexual exploitation of black women with simultaneous disdain.
The daughter experiences this firsthand. She closely observes what her father is up to. His inconsistency. His racism. She also experiences what a privilege it is to grow up there carefree as an almost untouchable white settler’s daughter, while in the native population resentment grows over the lack of freedom. After all, many countries around have already become independent. So things are fermenting.
From a narrative point of view, “Red Dust” is an unusual book. It’s not great literature, no polished sentences, and no surprising developments. More of a sober report. Nevertheless captivating. The end of the colonial era as a coming-of-age story. It’s been a long time since you’ve read something like this. In its stark, blunt way, it is an important book on colonial history and at the same time an unintentionally topical contribution to the debate on racism.
Full review on cultutureafrica.net
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7. Leye Adenle: Easy Motion Tourist
Wieder eins dieser Bücher aus Nigeria, die es schaffen, einen ganz mit rein zu ziehen in einen eigenen Kosmos. Und dieser heißt Lagos. Charme und Chaos! Easy Motion Tourist ist ein ernsthaft fesselnder, packender und schockierender Krimi, der nie langweilig wird!
Guy Collins – ein britischer Möchtegernjournalist – kommt freiwillig nach Lagos, um über eine Wahlgeschichte zu berichten. Aber nicht nur das,Collins bricht auf, um das Nachtleben auf der Victoria-Insel in Lagos zu entdecken – oder grob gesagt, um schwarze Liebe zu finden.
Collins lernt schnell, dass Lagos nicht nur mit einer verschlingenden Intensität brennt, mit Gier und Armut als Brennstoff, sondern sie auch heftig konsumiert. Da er sich nicht an sein Handbuch zum Aufenthalt in Nigeria hält – mit anderen Worten, indem er sich einmischt- wird Collins mitten an einem Tatort gefangen: einem verstümmelten nackten Frauenkörper, der in einer Gosse gefunden wird, und übernimmt damit die Position eines Hauptdarstellers in der Untersuchung, die die Haupthandlung des Romans prägt.

Lagos-Noir ist mittlerweile ein Sub-Genre im Afrikanischen Krimi. Leye Adenle ist ein meisterhafte Geschichtenerzähler, der geschickt ein Bild einer so dunklen und verstörenden Welt weben kann, und doch selbst in den dunkelsten Momenten Humor findet, der die Spannung der Angst löst. Jede Figur ist dreidimensional, selbst die abscheulichste hat einen Hauch von Menschlichkeit. Die Bildsprache ist lebendig, ohne je wortreich zu sein, und die Geschichte ist geschickt mit Fakten verwoben, so dass man sich fragt, wie viel von dieser Geschichte Fiktion ist. Ein Buch, wie ein Spielfilm-Drehbuch. Der Film, der abläuft ist mitreißend.
Roman, Krimi, auf Englisch, bei Cassava Republic Press, z.B. Amazon, 10€
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8. Helon Habila: Travelers
Travelers erzählt ein Mosaik aus Schicksalen von Afrikanerinnen und Afrikanern, die als Migranten in sämtlichen Teilen der Welt leben.
Unter ihnen sind ein junger nigerianischer Akademiker und seine amerikanische Frau, die sich mit einem Kunststipendium in Berlin aufhalten; ein transsexueller Filmstudent, der die Freiheit der Authentizität sucht; ein libyscher Arzt, der Frau und Kind in den Gewässern des Mittelmeers verloren hat; und ein junger sambischer Student, die Tochter eines dissidenten Dichters im Exil, der auf der Reise ist, um die Frau zu treffen, die ihren Bruder getötet hat.
In dem Maße, wie sich ihre Geschichten verbinden und verflechten, wird die Kluft zwischen den selbstgewählten Exilanten und denjenigen, die gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen, immer brüchiger, bis sie überschritten wird, was beängstigende Folgen hat. Die Stories, die Habila hier erzählt, enthalten auch viel von Verzweiflung, von Wahnwitz, vom Fast-Abgrund.
Der bescheidene Titel des Romans deutet auf Habilas kühle, aufgeschlossene Herangehensweise an ein brisantes Thema hin. Während er uns kaum Zweifel daran lässt, welchen Schrecken seine Figuren entkommen sind, lädt er uns nur selten zum Gaffen ein. Kunstvoll ironisiert er das Wesen der vielfältigen Reisen seiner Charaktere und macht stattdessen den einfachen, aber wertvollen Punkt klar, dass das Leben der Flüchtlinge genauso komplex ist wie das Leben aller anderen.
Helon Habila ist gebürtiger Nigerianer und lebt heute in den USA als Schriftsteller, Dozent und Dichter.
Auf Englisch, Norton & Company Verlag, 13€ Online bestellbar.
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“Man konnte es sehen. Innen drin, die Gedanken rasen, die Gedanken fliegen überall hin. Wie großes Fasten” When we speak of Nothing
Auch diesen Roman gibt es im Moment nur auf Englisch. Interessanterweise ist die Autorin zum Teil in Deutschland aufgewachsen.
9. Olumide Popoola, When we speak of Nothing
Die besten Freunde Karl und Abu sind beide 17 Jahre alt und wohnen in der Nähe von Kings Cross. Es ist 2011 und die rassischen Spannungen werden in ganz London explodieren. Abu ist in die hinreißende Klassenkameradin Nalini vernarrt, traut sich aber nicht, mit ihr zu sprechen. Währenddessen wird Karl von den örtlichen Möchtegern-Gangstern zur Zielscheibe gemacht, nur weil er anders ist.
Als Karl herausfindet, dass sein Vater in Nigeria lebt, beschließt er, dass Port Harcourt der beste Ort ist, um dem Lärm und der Wut Londons zu entfliehen und eine Verbindung zu einem Vater herzustellen, den er nie kennen gelernt hat.
Bei seiner Ankunft zurückgewiesen, freundet sich Karl mit Nakale an, einem Aktivisten, der der Welt den Umweltmord im Niger-Delta vor Augen führen will. Karl entfernt sich immer mehr von den Ereignissen in London und verliebt sich Hals über Kopf in Nakales lebhaften Cousin Janoma. Unterdessen löst der Mord an Mark Duggan in London einen groß angelegten Aufstand aus. Abu findet sich inmitten dieses Aufruhrs wieder, was zu einer Tragödie führt, die Karl zwingt, nach Hause zurückzurennen.
“Ich bin es leid, nach deinem Verschwinden aufzuräumen, alles, was du tust, ist verschwinden. “Es waren nur wenige Wochen”, antwortet Karl. Popoola verwendet geschickt die Textsprache, um ganze Sätze von Handlung und Charakteremotion zu vermitteln. Der Roman hat eine ganz eigene Sprache, die sich aus Londoner Slang, Tech-Jargon, schwarzem Dialekt, lebhafter Poesie und der Musikalität von Grime und Rap zusammensetzt: Ein Geschäftspartner ist ein “Biz-Bruder”, ein Krankenhaus wird als “lange Korridore der Stille und des Gedränges” beschrieben, Nalini hat ein “fuchsia-gerahmtes Lächeln”.
When We Speak of Nothing ist ein aufregendes Coming-Of-Age Drama, das zwischen London und Nigeria pendelt und zeigt, was es heißt, jung, schwarz und schul zu sein.
Olumide Popoola wuchs als Tochter einer deutschen Mutter und eines nigerianischen Vaters in Deutschland und Nigeria auf. Sie hat einen PhD in Creative Writing und lebt in London
Roman, Cassava Republic Press, 14€
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10. Ivan Vladislavic “Schlagabtausch”
Ivan Vladislavics Roman erschien im Frühsommer diesen Jahres. Vladislavic ist kroatisch-stämmiger Südafrikaner, einer der renommiertesten Autoren seines Landes und international anerkannter Schriftsteller.
Im Frühjahr 1970 verliebt sich ein Schuljunge aus Pretoria in Muhammad Ali. Er beginnt, Zeitungsausschnitte über seinen Helden zu sammeln, eine Besessenheit, die sich zu einem zerlumpten Archiv von Sammelalben auswächst. Vierzig Jahre später, als Joe Schriftsteller geworden ist, beharren diese Scrapbooks auf einem Buch über seine Kindheit und verdecken es gleichzeitig. Er wendet sich an seinen Bruder Branko, einen Tonredakteur, um Hilfe bei der Wiedererlangung ihrer gemeinsamen Vergangenheit. Aber kann eine Geschichte jemals zwei Menschen gleichermaßen gehören?
Kapitelweise erzählen sie abwechselnd: Joe von seinem Helden Ali, Branko von der behüteten Kindheit in Südafrika, vom Murmelspieler Ferdi Kouters, vom Vater vor der Musiktruhe oder mit dem Reader’s Digest in der Hand. Vom Klauen der Schere, mit der Joe verbotenerweise Artikel aus der Zeitung ausschneidet, von der Freundschaft mit Paul Skinner, nachdem der ihm auf’s Maul gehauen hat. In Joes Erzählungen wird nach und nach Muhammad Alis Geschichte erzählt, das skurile dabei: es ist natürlich die Sprache der südafrikanischen Sportreporter. Entlarvend: Im Land der Apartheid sind sie es, die sich lange weigern, ihn anders als Cassius Clay zu nennen, bis einmal der Lapsus gelingt, in einem Artikel Cassius Clay und Muhammad Ali gleichzeitig auftreten zu lassen. Man muß es mögen, man kann es lieben: Von ihren schwülstig-pathetischen und blumigen Bemühungen, die wenigen möglichen Schläge mit immer neuen Metaphern auszuschmücken.
So wird aus der Familiengeschichte nicht nur ein sozialer, politischer Roman, sondern auch eine einzigartige Mediengeschichte der Apartheid, die ihre Lügen doch nicht verbergen konnte. Der Originaltitel The Distance ist dabei sehr viel treffender als Schlagabtausch: Es gibt sie, die Distanz zu Joes eigener Lebensgeschichte, Alis Distanz zu seinen Gegnern, Brankos zu Joe, der Weißen zu den Schwarzen.
Wagenbach Verlag, Gebunden, 256 S., 22€ (Deutsche Ausgabe)
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Die Stories aus dem Herzen des Chaos, der politisch letzten Phase des Präsidenten Robert Mugabe, sind auch zehn Jahre später noch absolut lesenswert. Denn sie sind im Sommmer 2020 auch auf Deutsch erschienen. Das hat natürlich auch mit dem Erfolg von Petina Gappah zu tun.
11. Petina Gappah: Im Herzen des Golden Dreiecks
Im neu erschienen Buch aus dem Arche Verlag versammeln sich Stories, die schon 2009 auf Englisch erschienen sind. Kalter Kaffee? Mitnahmeeffekt? Mitnichten! Die Stories aus dem Herzen des Chaos, der politisch letzten Phase des Präsidenten Robert Mugabe, sind auch zehn Jahre später noch absolut lesenswert. Das liegt natürlich in erster Linie an Petina Gappah, die eine wahrhaft meisterliche Erzählerin ist. Mit viel Witz, vielen skurrilen Details, vorallem aber einer Liebe zu den Menschen, die sich mit ihrem Leben herumschlagen, das viel angenehmer sein könnte, als jetzt ist. In Simbabwe oder Nyika yeZimbabwe wie auf Shona heisst, der am weitesten verbreiteten Volksgruppe und Sprache.
Wäre da also nicht ein Staat, der sich nach der Jahrtausendwende politisch und wirtschaftlich ins Aus geschossen hat. Das wiegt in Simbabwe besonders schwer, galt das Land doch Jahrzehntelang als Vorbild für viele afrikanische Staaten. Als Vorbild für die Überwindung von Kolonialismus, Apartheid und Abhängigkeit von Europa. Dann kommt der lange Niedergang.
Wir sind dabei, wenn die Mupandawan Dancing Championships ihren Lauf nehmen. Folgen dabei einem alles in den Schatten stellenden, akrobatisch tanzenden Sargtischler, der, man ahnt es, in einem tragischen Ende gipfelt. Wir leiden mit einem in Europa arbeitenden Simbabwer, der auf die falschen Versprechungen eines Millionengewinns hereinfällt und dabei ist seine ganze Zukunft zu verspielen. Verfolgen die nicht um Ausreden verlegene Schwester-Cousine Rambanai, die mit zwei Koffern aus den verheißungsvollen USA zurückkehrt, dahin zurück will, aber den falschen Vermerk im Pass hat.
All diese Geschichten vermitteln tiefe Einblicke in ein Land, dessen Bewohner sich mit Missständen arrangieren, die dennoch nicht die Lebenslust verlieren. Das sind sehr gut beobachtete, gut recherchierte Stories. Direkt aus dem Leben, manchmal zu gut um nicht real zu sein. Aber Petina Gappah spart nicht an Kritik. Sie ist anders verpackt, mal satirisch, mal abgründig, mal spöttisch, nie destruktiv. Das macht es dem Leser so einfach, sich auf diese Geschichten einzulassen.
Mit ihrem süffisant ironischen, immer auch warmen und bildreichen Erzählstil bringt sie uns ihr Heimatland und die Menschen sehr nahe. Als Leser ist man erstaunt, wie eine junge Autorin (das ist ihr Debut) so viel unterschiedliche Menschen, Lebenslagen und Gesellschaftsschichten analysieren und präzise beschreiben kann. Die feine Ironie ihrer Sprache ist ein Vergnügen, denn es wäre ein leichtes, angesichts der damaligen Verhältnisse, den Holzhammer rauszuholen. Nein sie tut es nicht. Und das ist die eigentliche Leistung: eine eigene Sprache zu finden, die für die Leserinnen und Leser eine Balance findet, mit den teils aberwitzigen teils skurilen aber auch tragischen Geschichten mit zu gehen. Es ist diese Liebe zu ihrem Land und die Hingabe, mit der sie Kritik am maroden Einparteiensystem übt.
Petina Gappah wurde 1971 in Rhodesien (dem heutigen Simbabwe) geboren. Im Herzen des goldenen Dreiecks ist ihre erste Buchveröffentlichung. Die studierte Juristin und Anwältin arbeitet heute in Genf und berät ihr Land in Handelsrecht. Auf Deutsch erschienen (S.Fischer) ist dieses Jahr der große Roman Aus der Dunkelheit strahlendes Licht über die letzte Reise David Livingstons (siehe Tipp 1 / Rezension auf cultureafrica.net).
Arche Verlag Zürich, 265 S., Taschebuch, 12€
copyright: Hans Hofele 2020
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